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Farbige Punktschrift,
ein Literaturpreis und Kuchen
für die Redaktion

Über Les Doigts Qui Rêvent und

die Geschichte des Typhlo & Tactus Wettbewerb

Les Doigts Qui Rêvent – Träumende Finger: Der Name des französischen Verlags mit Sitz in Dijon ist Programm. Ziel des gemeinnützigen Unternehmens ist es, Bücher nicht nur für blinde Kinder und Kinder mit einer Sehbehinderung, sondern für ALLE Kinder herzustellen. Insgesamt wurden bisher 150 Titel in sieben Sprachen (u.a. in italienisch, polnisch, englisch und deutsch) mit einer Gesamtauflage von 30.000 Exemplaren produziert, davon 8.000 taktile Bilderbücher (TiB)

Philippe Claudet gründete den Verlag vor 22 Jahren und erzählt uns in einem Gespräch, dass er selbst als Lehrer für blinde und sehbehinderte Schülerinnen und Schüler in einer französischen Schule gearbeitet hat. Dabei stellte er fest, dass es kaum geeignete Lehrmaterialien gab und begann, selbst Bücher zu basteln. Die farbenfrohen Werke kamen bei den Kindern, ihren Eltern und den anderen Lehrern sehr gut an. Die Tatsache, dass er bis dato nicht wusste, wie man einen Verlag gründet, hielt ihn nicht davon ab, eben genau dies zu tun. 1993 gründete er Les Doigt qui Rêvent. Von Beginn an waren soziale Arbeitsprojekte, beispielsweise mit Langzeitarbeitslosen, ein Teil des Verlagskonzeptes. Die Produktion jedes einzelnen dieser aufwendig, in Handarbeit hergestellten Bücher ist sehr teuer und zeitintensiv. Nur durch staatliche Subventionen und die intensive Unterstützung vieler freiwilliger Helfer kann der Verlag schon so lange großartige Arbeit leisten. So kommen beispielsweise einmal in der Woche einige Rentner zum Nähen vorbei und bringen manchmal auch noch einen selbstgebackenen Kuchen für die ganze Redaktion mit.

Um einen umfassenden Wissenspool über Taktil illustrierte Bücher in pädagogischer und technischer Hinsicht anzusammeln, förderte Philippe Claudet von Beginn an die internationale Zusammenarbeit mit Experten, Forschern und Universitäten aus interdisziplinären Feldern. Der Verlag ist unter anderem in das internationale Projekt Tactus[1] involviert. Das Projekt fördert die europäische Zusammenarbeit, Planung, Produktion und den Austausch von Taktil illustrierten Büchern. Ziel ist es, dass alle Teilnehmerländer gegenseitig von ihrem Wissen profitieren. Der Sammelband The Typhlo & Tactus Guide to children’s books (Hrsg.: Philippe Claudet 2009) vereint die Expertise internationaler Autorinnen und Autoren und ist über www.ldqr.org bestellbar. Das Projekt wurde von Beginn an vom französischen Kultusministerium gefördert und ist eingebunden in das 'Programmes Culture 2000' der europäischen Kommission.

Typhlo & Tactus Wettbewerb

Ein Herzstück der Arbeit der Tactusgruppe ist der europäische Literaturpreis Typhlo & Tactus. Ausgezeichnet werden soll damit die herausragende Arbeit von Eltern, Lehrern, Künstlern und ALLEN, die voller Freude eine Geschichte erzählen und taktil illustrieren möchten. Alle zwei Jahre findet der Wettbewerb statt und eine Jury aus Sehenden und Blinden einigt sich auf drei Gewinnertitel, die dann von Les Doigts Qui Rêvent in der Sprache des jeweiligen Gewinnerlandes umgesetzt und produziert werden.

Anderes Sehen e.V.

Die bisher in deutscher Sprache erschienen Bücher von Les Doigts Qui Rêvent entstanden in Zusammenarbeit mit der Organisation Anderes Sehen e.V. Der Verein mit Sitz in Berlin setzt sich für Inklusion und die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention ein. Für ihre Projekte, wie etwa die Verbreitung der Klicksonartechnik (eine innovative Klicklauttechnik, mit der blinde Menschen sich orientieren können) stehen die Mitarbeiter/innen in Kontakt mit internationalen Experten und organisieren Workshops. Auf seiner Internetseite präsentiert der Verein umfassende und aktuelle Informationen zu den Themen Chancengleichheit und Mobilität. Weitere Projekte waren die Gestaltung und Produktion der ersten  Langstöcke für Kinder, das Echotraining im Kindergartenalter, sowie die Verbreitung Taktil illustrierter Bilderbücher. Der Verein Anderes Sehen ist bisher die einzige Bezugsquelle für die deutschen Überarbeitung von aktuell insgesamt 9 TiB des französischen Verlags. In Zusammenarbeit mit Philippe Claudet werden die Bücher vom Französischen ins Deutsche adaptiert. Dabei wird auch eine weitere hervorragende Idee des Anderes Sehen e.V. umgesetzt: Die Brailleschrift in Farbe. Durch die farbige Gestaltung der Punktschrift kann diese wunderbare ‚Geheimsprache‘ nun von ALLEN gesehen werden und ist nicht länger unsichtbar.

Bild: Anderes Sehen e.V.
Bild: Anderes Sehen e.V.
Bild: Anderes Sehen e.V.
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